Berichte aus den Foren

17.06.2023

Austausch und Diskussion

Das ist der Sinn des heutigen Grundsatzkonvents. Gemeinsam mit externen Stakeholdern und Vertreterinnen und Vertretern der Partei diskutiert die CDU über die Linien und Erwartungen an ihr neues Grundsatzprogramm. Fenster auf für neue Ideen, Eindrücke und Impulse - das ist das Motto. 10 Panels, 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ein Ziel: Ein offener Austausch über die Inhalte und Fragen, mit denen sich unsere Fachkommissionen auf dem bisherigen Weg zu unserem Grundsatzprogramm beschäftigt haben.

Serap Güler bekräftigt: „Es wurde rege diskutiert. Es schreiben nicht einige Wenige am Programm.“ Mario Voigt ergänzt: „Viele wollen mitdiskutieren. Danke für die Foren. Was wir jetzt machen, ist eine Quadratur des Kreises.“

Mehr als 75 Minuten haben die Foren beim Grundsatzkonvent jeweils getagt. Die Debatten wurden intensiv geführt. Serap Güler und Mario Voigt bitten die Berichterstatter der Foren auf die Bühne. Die stellvertretenden Leiter der Grundsatzprogramm-Kommission fassen hier die Ergebnisse zusammen: Was muss die CDU im Grundsatzprogramm aufnehmen? Welche Antworten soll sie auf die zentralen Zukunftsfragen und die größten Herausforderungen geben?

Sicherheit im Alter

Für Karl Josef Laumann ist eine faire Rente am Ende eines langen Arbeitslebenns ein zentrales Thema. „Ohne soziale Gerechtigkeit wird es nicht gehen”, sagt er. Eigentum zu haben für Sicherheit im Alter – auf diesem Weg wollen wir möglichst viele Menschen unterstützen.

„Jedem ist klar, dass die reale Rentenhöhe nach 45 Jahre keine Spielräume nach unten mehr hat“, sagt Laumann. Klar ist: Steigt die Lebenserwartung, müssen wir über längere Lebensarbeitszeit reden. Klar ist auch: Die Rente allein reicht nicht. Man muss über eine „verpflichtende kapitalgedeckte zweite Sorge nachdenken. Die CDU muss wollen, dass die Menschen Eigentum haben.“ Offen ist hier die Frage der Finanzierung. Auch darf das Versorgungsniveau zwischen Rente und Pension nicht zu sehr auseinanderfallen. Derzeit ist das der Fall. Auch die Pflege muss man „neu denken“. „Die Versorgung mit Pflegekräften ist schon jetzt nicht mehr zu garantieren”, so Laumann.

Wie wir unsere Versorgung dauerhaft sichern

„Wie sichern wir die Versorgung mit Energie und mit Lebensmitteln?“, war eine zentrale Frage, so Althusmann. Die CDU muss sich zur bäuerlichen Landwirtschaft bekennen, fordert er. Sowohl national als auch europäisch muss die Landwirtschaft ökologisch und ökonomisch ausgerichtet sein. Dazu müssen Nachhaltigkeitsindikatoren entwickelt werden. Große Sorgen macht die Frage des Flächenverbrauchs. Der Zielkonflikt Flächenverbrauch für Infrastruktur – auch Leitungen, Deichschutz – muss gelöst werden.

Welche Eckpfeiler braucht Deutschland für eine sichere Energieversorgung? Die Antworten lassen sich kaum ad hoc finden. Fernwärme ist mehr Schlagwort als Alternative, sagt Althusmann. Bei der Stromversorgung muss geklärt werden: Werden wir Stromland – oder gibt es andere Alternativen in ausreichender Menge? Ohne Plan, ohne Agenda und ohne sorgfältige Arbeit wird Deutschland nicht energiesouverän.

Ein funktionierender Staat

„Der zentrale Bezugspunkt ist nicht Modernität als Selbstzweck, sondern Funktionalität“, sagt Philipp Amthor. „Unsere Panelteilnehmer haben es ganz grundsätzlich gemeint“, ergänzt er. Es geht um den „funktionierenden Staat“, um grundsätzliche Linien. „Wir brauchen vor allem Klarheit in der Verantwortung. Mal Bund, mal Länder, mal andere – das geht nicht, so Amthor.” Aufgaben können „outgesourct“ werden, Verantwortung nicht.

„Es wird nicht zu wenig gerudert, es wird zu wenig gesteuert in der Politik.“ Amthor fordert: Es geht nicht um WER, sondern darum WIE soll etwas gemacht werden. Die Ziele müssen klar sein, sie müssen im Blick bleiben. Sie sind nicht nur Allgemeinplätze. Das ist das beste Mittel gegen Populismus, wenn man auf Basis von Fakten diskutiert. Auf Bundesebene braucht es eine ressortübergreifende Verwaltungsreform. Das Beamtentum braucht Modernität, klare Aufgaben und mehr Flexibilität. „Dafür muss der funktionierende Staat den Rahmen geben.“

Das Europa, das wir wollen

Ganz entscheidend ist, dass die Europäische Union sich nicht im Klein-Klein verzettelt, sagt Mark Speich. Mitgliedstaaten brauchen Spielräume im Vorzug und der Umsetzung des Unionsrechts. Prioritäten können sich wandeln, aber ein wichtiger Gedanke bleibt bei der Bestimmung das Subsidiaritätsprinzip. An diesem Grundgedanken der Subsidiarität muss man festhalten. 

International muss man aber mehr zusammenarbeiten. Die EU muss immer transatlantisch denken! USA und EU bilden eine transatlantische Wertegemeinschaft. In dieser Richtung müssen sie unbedingt zusammenarbeiten. Aber richtig ist auch: Die USA orientieren sich immer mehr nach Asien. 

Man muss Politikfelder künftig stärker geopolitisch betrachten. Wir wollen nicht der Spielball Anderer werden. Speich: „Wir müssen beides zusammendenken: Eine Wertepolitik und eine Sicherheitspolitik. EU-Erweiterung, Außenhandel, Verteidigung müssen mehr in den Blick geraten. Die verteidigungspolitische Dimension muss für uns in Europa selbstverständlicher werden.“

Die Rushhour des Lebens entzerren

Für Christina Schulze-Föcking ist Zeitpolitik für Familien von besonderer Bedeutung. Sie stellt vor: Der Arbeitsmarkt muss sich dafür an die Familien anpassen. Erwerbstätigkeit muss sich an Zeiten für Kinderbetreuung anpassen. Es braucht Zeit-Treppen, um Mütter stufenweise in Vollzeit zu bringen. Es braucht weitgehende Änderung von Sozialstaat und Arbeitsmarkt. Hier ist die Politik gefragt.

„Die Familie muss mehr in den Mittelpunkt. Wir müssen mehr Mut zu Kindern machen“, sagt Christina Schulze-Föcking. Dazu müssen dynamische Familienzeitmodelle geschaffen werden: Man muss entzerren und neu gestalten, von Vollzeit in Teilzeit und zurück. Der Arbeitsmarkt muss Familien Rechnung tragen. Es muss ein ‚Zeitwohlstand‘ neu entstehen – und damit mehr Gleichstellung. 

Kinder brauchen einen besonderen Schutz. Bei Missbrauch muss konsequent eingeschritten werden. Es braucht ein echtes Kinder-Sicherheits-Netz. „Wir müssen die Gesellschaft sensibilisieren. Wir möchten an der Seite der Familien und der Kinder sein.“

Aufstieg durch Bildung

„Bildung ist das Thema Nummer 1 im Grundsatzprogramm“, verspricht Karin Prien. Das Aufstiegsversprechen ist aber für bis zu 30 Prozent der Kinder massiv gefährdet. Frühkindliche Bildung, gute Grundschulen – das sind Lösungsansätze. Es gibt einen Elternauftrag. „Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz“, so Prien. 

Qualitätsmanagement in Kitas ist wichtig. „Das Zustandswirrwarr muss aufgelöst werden.“ Es braucht mehr Attraktivität und Entwicklungspotenzial im Job, um mehr Frauen und Männer dafür zu gewinnen. Kinder müssen in der Schule vom ersten Tag an Deutsch sprechen. „Wir müssen das beobachten und analysieren“, sagt Prien. Schaffen Schulen die Aufgabe nicht, muss man über Konsequenzen reden. 

Ein ganz entscheidender Punkt ist, dass Schüler bei Schuleintritt die Bildungssprache Deutsch beherrschen. Ob Kita-Erzieher oder Grundschullehrer – die Berufe müssen attraktiv gemacht werde und es braucht mehr Entwicklungspotenzial. Familienbildungszentren sind wichtig. Es geht aber nicht ohne die Mithilfe der Eltern. 

Wirtschaft, Soziales und Umwelt & Klima zusammendenken 

Andreas Jung bekräftigt: Wir müssen Wirtschaft, Soziales und Umwelt & Klima zusammendenken. „Das sind kommunizierende Röhren“, so Jung. Das hatte der CDU-Vorstand schon beschlossen. „Nachhaltigkeit ist unser Ding. Als Union stehen wir für das Zusammenführen und für das Zusammendenken unterschiedlicher Themen.“

Nachhaltigkeit braucht Mut und neue Ideen. „Wir müssen uns dazu bekennen, unsere Erde besser zu hinterlassen. Das hat mit Nachhaltigkeit zu tun.“ Die Freiheit von heute muss in Relation gesetzt werden zur Freiheit unserer Kinder und Enkel. „Das darf man nicht halbherzig machen.“ Wir wollen die Erde besser hinterlassen.

Digital leben

Ronja Kemmer ist selbst ‚digital Native‘. Sie sagt aber trotzdem: „Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie muss dem Menschen dienen. Sie muss staatliche Prozesse effektiver machen.“ Fragen der digitalen Verwaltung stehen im Mittelpunkt. „Wir wollen digital als Standard. Aber wir müssen diejenigen mitnehmen, die nicht digitalaffin sind.“ Voraussetzung für die Teilhabe am digitalen Leben ist Befähigung und Bildung. Kemmer schlägt gerade für viele Ältere so genannte ‚Digitallotsen‘ vor.

Auch der Datenschutz braucht Modernisierung. Der Datenschutz ist ein Hemmnis, weil die Balance nicht mehr vorhanden ist. Es muss wieder eine Balance geben zwischen Innovationsmöglichkeiten und Datenschutz. Bei KI braucht es eine Geisteshaltung der Offenheit. Technologie ist erst einmal ein Werkzeug, die erst einmal als Chance mit Risiken gesehen werden muss. Wir sind durch Technologie stark geworden in diesem Land. „Technologiefeindlichkeit tut uns nicht gut. Sehen wir es als Chance. Versuchen wir mitzuspielen.“

Sicher leben

Peter Beuth ist Innenminister in Hessen. Er stellt klar: „2 Millionen Ehrenamtliche für Bevölkerungsschutz sind ein unheimlicher Schatz. Bevölkerungsschutz und Gefahrenabwehr werden sehr stark ehrenamtlich geleistet.“ Es braucht Respekt der Einsatzkräfte. Es besteht ein Anspruch auf gute Ausstattung. Kürzen des Bevölkerungsschutz ist das falsche Signal. Und es braucht Schutz der Einsatzkräfte. „Tätigkeiten müssen hart bestraft werden.“

Die Verzahnung unterschiedlicher Einsatzkräfte aus unterschiedlichen Bundesländern muss besser werden. Freistellungsregelungen sollten bundeseinheitlich sein. Und zur Nachwuchsgewinnung soll neben einer Verbesserung des Freiwilligendienstes auch über ein Gesellschaftsjahr angedacht werden.

Arbeitsmarkt 2035: Wer arbeiten kann, sollte arbeiten.

Was ist Wohlstand eigentlich, fragt Jens Spahn. Es ist Aufbau von Guthaben durch Leistung, Teilhabe an der Gesellschaft. „Angewandte Reinheit braucht es“, sagt Spahn. Freier Handel, gute Industriepolitik gehören dazu. Wenig staatliche Intervention. So schaffen wir es, Industrieland zu bleiben.

Wohlstand für alle ist seit Erhardt Kernanliegen der CDU. Arbeit ist sinnstiftend, sagt Spahn. Dazu muss man aber andere Anreize setzen als Arbeit nach Tagen oder Wochen einzuteilen Wir denken den Arbeitsmarkt völlig neu in einer Zeit, in der Arbeitnehmer am längeren Hebel sitzen. „Wer arbeiten kann, sollte arbeiten.“ Der Arbeitsmarkt der Zukunft braucht Anreize in der Sache, nicht vor allem Pflichten. Der Arbeitsmarkt muss sich dazu neu aufstellen, der Staat neu denken. Steuersenkungen sind wichtig, um Deutschland wettbewerbsfähig zu halten.